Das OLG Frankfurt hat mit seinem Urteil vom 29.6.2011, 17 U 12/11, einen Fall entschieden, bei dem die Klägerin aufgrund eines Telefonats mit ihrem Bankberater Lehman Zertifikate zu einem Gesamtpreis von circa 300.000 Euro erworben hatte. Aus dem Geschäft erhielt die beklagte Bank von der Emittentin Lehman Brothers eine Zuwendung in Form eines Rabatts i.H.v. 3,5 % auf den Emissionspreis, worüber sie die Klägerin jedoch nicht aufgeklärt hatte.
Die Klägerin nahm die beklagte Bank unter anderem deshalb in Anspruch, da sie meinte, dass sie nicht über diese erhaltenen Rabatte aufgeklärt worden sei und insoweit ein Beratungsfehler vorgelegen habe. Die beklagte Bank wandte ein, dass es sich ausweislich der Wertpapierabrechnung um ein Festpreisgeschäft mit Zertifikaten aus ihrem Eigenbestand gehandelt habe. Die von ihr vereinnahmten Erträge seien für die Anlageentscheidung der Klägerin nicht erheblich gewesen.
Das Landgericht gab der Klage überwiegend statt. Die Berufung der beklagten Bank blieb vor dem OLG Frankfurt erfolglos. Mit Blick auf abweichende Entscheidungen anderer OLG wurde die Revision zum BGH zugelassen.
Das Oberlandesgericht hat in seinen Entscheidungsgründen ausgeführt, dass die Klägerin gegenüber der beklagten Bank einen Rückabwicklungsanspruch wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten aus einem konkludent geschlossenen Beratungsvertrag habe.
Wenn eine Bank einen Wertpapierauftrag im Wege des Eigenhandels durch Abschluss von Festpreisgeschäften ausführen möchte, habe den Kunden darüber zu informieren und seine Einwilligung einzuholen. Diese Informationspflicht habe sich zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anlageentscheidung der Klägerin aus der Richtlinie des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel vom 26.5.1997 ergeben. Denn nur dann, wenn dem Kunden offengelegt werde, dass ein Kaufvertrag zustande kommt, kann er das mit dem Verkauf verbundene Umsatzinteresse der ihn beratenden Bank auch erkennen. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall gewesen.
Die Frage, ob eine Bank ihren Kunden auch bei so genannten Festpreisgeschäften über erhaltene Zuwendungen aufklären muss, ist umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt.
Die Richter des OLG Frankfurt führten aus, dass es sich bei Rabatten zwar begrifflich nicht um eigentliche Rückvergütungen ("Kickbacks") handele, sondern vielmehr um Platzierungsprovisionen oder auch Rabatte/Abschläge auf den Emissionspreis. Die Interessenkollision, die zur Aufklärungspflicht führt, bestehe allerdings darin, dass der Anleger nicht das eigene Absatzinteresse der Bank erkennen könne. Unter diesem Gesichtspunkt sei es für die für den Anleger wesentliche Frage, ob die beratende Bank eigene wirtschaftliche Vorteile im Auge habe, völlig gleichgültig, ob ihr hinter seinem Rücken offen ausgewiesene Provisionen zufließen oder ob sich ihr Interesse wie hier aus einem Preisabschlag beim Erwerb ergibt.
Die Beklagte konnte auch nicht geltend machen, sie sei ihrer Verpflichtung zur Aufklärung bereits dadurch nachgekommen, dass sie auf den Rückseiten früherer Wertpapierabrechnungen darauf hingewiesen habe, dass sie aus dem Vertrieb von Wertpapieren Erträge erziele und sie trotz solcher Hinweise niemals den Abrechnungen widersprochen habe. Es stelle sich zwar die Frage, wie lang eine Zeitspanne zwischen nachträglich übersandten Informationen sein dürfe. Bei einem Zeitraum von - wie hier - knapp zwei Jahren könne allerdings nicht mehr anzunehmen sein, dass der Klägerin die Mitteilung noch präsent gewesen wäre.
Es ist davon auszugehen, dass die beklagte Bank eine Revision einlegen wird und der BGH die Frage der Aufklärungspflichten einer Bank über Zuwendungen des Emittenten bei einem Festpreisgeschäft nunmehr klären wird.