Sittenwidrige Übernahme der Bürgschaft oder Mitverpflichtung bei Ehegatten oder nahen Verwandten

Wenn ein Gewerbetreibender für seinen Betrieb einen Kreditvertrag mit einer Bank abschließt, ist es bei Banken oft üblich geworden, dass der Ehegatte oder sogar die Kinder des Firmeninhabers den Darlehensvertrag mitunterzeichnen oder eine Bürgschaft abgeben müssen.

Insbesondere wenn der Kredit notleidend geworden ist und die Bank den Ehegatten oder die Kinder für die Schulden in Anspruch nimmt, stellt sich die Frage nach dem rechtmäßigen Handeln der Bank.

Der Bundesgerichtshof hat deshalb bereits seit Mitte der 90-er Jahre in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass das Verlangen auf Übernahme einer Bürgschaft oder die Mitverpflichtung eines Ehegatten / Kindes für Verbindlichkeiten des Anderen sittenwidrig und damit nichtig ist, wenn der Bürge / Mitverpflichtete die aus dem Darlehen geschuldeten Zinsen nicht aus seinem pfändbaren Einkommen oder Vermögen bezahlen kann und die Mithaftung / Bürgschaft nur wegen der emotionalen Bindung abverlangt werden konnte.

Bei der Beurteilung, ob ein sittenwidriges Handeln der Bank vorliegt, ist auf den Zeitpunkt der Kreditgewährung unter Berücksichtigung einer Prognose innerhalb der vereinbarten Kreditlaufzeit abzustellen (z.B. BGH Urteil vom 13.11.2001). Diese Rechtsprechung gilt auch unter nahen Verwandten, z.B. im Verhältnis zwischen Eltern und Kind, Geschwistern untereinander und bei Lebenspartnerschaften, weil eine emotionale Bindung zwischen diesen Personen zu unterstellen ist.

Obwohl diese Voraussetzungen einer Sittenwidrigkeit oft vorliegen, verlangen Banken bei einer Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit des Haupt-Kreditnehmers trotzdem Zahlungen vom Bürgen / Mitverpflichteten.

Auch im Zuge der Vermögensauseinandersetzung bei Ehescheidungen wird dieser Aspekt häufig übersehen, woraus ungünstige Folgevereinbarungen resultieren können. Es ist deshalb zu empfehlen, in allen Fällen der Mitverpflichtung zur Finanzierung fremder Vermögenswerte und bei Bürgschaften zu prüfen, ob der Vertrag sittenwidrig ist. Zu beachten ist hierbei auch, dass es bei der Mitverpflichtung nicht darauf ankommt, ob und wie die Bezeichnung im Kreditvertrag erfolgte. Meist wird der Mitverpflichte sogar als Kredit- oder Darlehensnehmer geführt, so dass aus dieser formalen Bezeichnung keine Schlussfolgerungen gezogen werden können.

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