Bei einem Darlehensvertrag zwischen einem Verbraucher und einem Kreditinstitut muss dieses den Verbraucher zutreffend über sein Widerrufsrecht belehren. Ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, so läuft die Frist für den Widerruf nicht und dem Verbraucher steht dem Grunde nach ein „ewiges“ Widerrufsrecht zu.
Doch der Gesetzgeber hat die Rechte der betroffenen Verbraucher verkürzt, indem er das „ewige“ Widerrufsrecht zeitlich begrenzt hat: betroffene Verbraucher können ihre Rechte aus einer fehlerhaften Belehrung nur noch bis zum 21.06.2016 ausüben, sie müssen bis zu diesem Zeitpunkt ihre Vertragserklärungen widerrufen haben, später eingegangene Widerrufe führen dazu, dass ein Widerruf folgenlos bleibt. Das wäre indes schade, laut Verbraucherzentrale sollen ca. 80 % der in dem Zeitraum 2002 bis 2010 geschlossenen Darlehensverträge eine fehlerhafte Belehrung enthalten und entsprechend positive Möglichkeiten für den Verbraucher eröffnen.
Doch was hat ein Verbraucher von einem Widerruf seiner Vertragserklärung?
Um es auf den Punkt zu bringen: eine fehlerhafte Belehrung zum Darlehensvertrag und ein rechtzeitig ausgeübter Widerruf kann für den Verbraucher einen enormen wirtschaftlichen Vorteil bringen, da er sich von der langen Zinsbindung lösen und die heutigen guten Zinskonditionen für sich nutzen kann:
Die Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs ist, dass sich das Darlehensverhältnis in ein Rückabwicklungsverhältnis wandelt. Die Bank erhält die Darlehensvaluta nebst einer Nutzungsentschädigung, der Verbraucher erhält die geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen zurück, darüber hinaus wird eine Nutzungsentschädigung für die geleisteten Zins- und Tilgungsleistungen zugunsten des Verbrauchers in Höhe von 5 % über dem Basiszins vermutet. Sofern der damalige Vertragszins marktüblich gewesen ist, kann man mit den gegenseitigen Ansprüchen aufrechnen, am Ende bleibt im Wesentlichen, dass der Verbraucher die noch offene Darlehensvaluta zurückführen muss und keine Vorfälligkeitsentschädigung schuldet, er kann also günstig umschulden und hängt nicht mehr in seinem Vertrag mit den ursprünglich hohen Zinsen.
Das nachfolgende vereinfachte Beispiel soll die Vorteile eines erfolgreichen Widerrufs aufzeigen:
Im Mai 2009 wurde ein Verbraucherdarlehen über 100.000,- Euro zu einem Zinssatz von 5,0 % geschlossen. Der Verbraucher zahlte also eine jährliche Zins-Rate von 5.000,- Euro auf das Darlehen, bis heute also insgesamt 40.000,- Euro. Grundsätzlich müsste er diese Zinszahlung bis zum Ende der Zinsbindung im Jahr 2019 weiterzahlen.
Wenn ein heute ausgeübter Widerruf jedoch erfolgreich wäre, könnte der Verbraucher das Darlehen ohne die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung umschulden und müsste nicht auf das Ende seiner Zinsbindung warten. Bei den heutigen Zinskonditionen von ca. 2 % würde der Verbraucher also nur ca. 2.000,- Euro Zinsen pro Jahr zahlen und hätte eine jährliche Ersparnis von 3.000,- Euro.
Es fehlt weiterhin an einem Grundsatzurteil des BGH. Mittlerweile wird aber eine Vielzahl von Prozessen wegen der Frage der Wirksamkeit eines Widerrufs geführt, in den meisten Fällen wird zugunsten des Verbrauchers entschieden. Das hat auch Folgen für das Verhalten der Banken und Sparkassen: Nunmehr lenken viele Banken und Sparkassen ein und bieten bereits außergerichtlich Vergleiche an, wonach das Darlehen entweder zu den heutigen Konditionen fortgeführt wird oder aber der Verbraucher mit einer geringen Zahlung aus den Verträgen entlassen wird.
Es lohnt sich also, seinen Vertrag dahingehend überprüfen zu lassen, ob ein Widerruf erfolgsversprechend ist.
Da die Frist für den Widerruf allerdings zum 21.06.2016 für die bis Juni 2010 geschlossenen Verträge ausläuft, sollten betroffene Kunden jetzt noch handeln sollten, indem sie ihre Verträge nebst Widerrufsbelehrungen prüfen lassen und gegebenenfalls bis zum Juni 2016 ihre Widerrufsrechte noch rechtzeitig ausüben.