a. Der Stand der Dinge bei den Gerichten

Die britische Barclays Bank hat im Jahr 2006 das X1 Global Zertifikat emittiert, das seit dem Jahr 2010 mit dem Index „Null“ bewertet wird. Initiator des X1 Global Zertifikats war der mittlerweile verurteilte und inhaftierte Helmut Kiener. Die Frage, die derzeit die deutschen Gerichte beschäftigt ist, ob Barclays für die Machenschaften des Herrn Kiener Verantwortung tragen muss und ob zwischen den Anlegern des X1 Global Zertifikates und der Barclays Bank ein „Vertrag eigener Art“ zustande gekommen ist.

Einen vergleichbaren Fall hat es in Deutschland noch nicht gegeben, das OLG Frankfurt hat in einem anhängigen Verfahren entschieden, dass die Barclays Bank die Hälfte des eingetretenen Schadens ersetzen müsse. In seiner Entscheidung hat das OLG Frankfurt eine allgemeine Verpflichtung der Barclays Bank zur Erstattung des hälftigen Schadens angenommen, da nach Auffassung des Senats die Begebung der Zertifikate auf der beidseitigen Annahme beruht habe, dass der vermeintliche Referenzindex ordnungsgemäß geführt werde. Diese Annahme habe sich im Nachhinein als falsch erwiesen. Es sei unbillig, den hieraus resultierenden Schaden allein dem Anleger aufzubürden. Vielmehr sei der entstandene Schaden zwischen den Parteien zu teilen. Beide Parteien sind in Revision gegangen, der Bundesgerichtshof muss erst noch entscheiden. Mit einer Entscheidung ist auch nicht vor dem Jahr 2014 zu rechnen, so dass betroffene Anleger noch dieses Jahr Schritte unternehmen müssen, um eine Verjährung zu hemmen.

Allerdings ist der Rechtsstreit, der dem BGH vorliegt, nur mit einigen Argumenten für einen Anspruch gegen die Barclays Bank versehen. Andere anhängige Verfahren sind in den Klagebegründungen umfassender. Derzeit ist es so, dass eine Kammer des Landgerichts Frankfurt eine Beschlussvorlage an das OLG Frankfurt mit der Frage gerichtet hat, ob die Klageverfahren, die eine weitere Begründung der Ansprüche enthalten, als Kapitalanlagemusterverfahren geführt werden können.

Das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz ermöglicht es, aus einer Vielzahl gleich gelagerter Schadensersatzprozesse wegen falscher Börsenprospekte oder fehlerhafter Kapitalmarktinformationen auf Antrag ein Musterverfahren zu bestimmen, in dem durch die nächste Instanz - das Oberlandesgericht - die für alle Verfahren notwendigen Beweis- und Rechtsfragen einmal und für alle anderen Verfahren bindend beantwortet werden können. Im Musterverfahren stehen sich unmittelbar nur ein Musterkläger und der Musterbeklagte gegenüber. Alle anderen Kläger können grundsätzlich Beigeladene des Musterverfahrens werden und auf diese Weise auf den Musterprozess Einfluss nehmen. Wesentlich für das Musterverfahren ist der Vorlagebeschluss, den das Landgericht auf der Grundlage des Tatsachenvortrags aller Klageverfahren formuliert und an den das Oberlandesgericht gebunden ist. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ergeht durch Beschluss, den Musterentscheid.

Sollte das OLG Frankfurt einen Beschluss dahingehend treffen, dass ein Kapitalanlagemusterverfahren geführt werden kann, kann man sich als Kläger daran beteiligen und registrieren lassen. Der Vorteil ist, dass man nicht selbst das Klageverfahren durchführen muss, sondern die Entscheidung des Musterverfahrens abwarten kann, die dann auch für den registrierten Beigeladenen gilt. Wird also ein positives Urteil oder ein Vergleich geschlossen, wirkt dieser auch für den beigeladenen Musterverfahrensbeteiligten. Die Kosten sind dabei so gelagert, dass zunächst nur eine 0,5 Gebühren an Gerichtskosten für die Registrierung (statt 3,0 Gebühren für das „volle“ Klageverfahren) und nur eine 1,3 Gebühr an Rechtsanwaltskosten (statt 2,5 Gebühren für das „volle“ Klageverfahren) entstehen.

Ob das OLG Frankfurt beschließt, dass ein Musterverfahren durchgeführt wird, ist leider noch offen und wird voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2014 geklärt sein.

b.    das Verjährungsproblem zum Jahreswechsel

Aufgrund der Tatsache, dass die Barclays Bank die „Mitteilung an die Gläubiger“ über die Herunterstufung des Indexwertes auf „Null“ am 29.04.2010 veröffentlicht hat, dürfte ab diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist laufen, so dass mit Ablauf des 31.12.2013 sämtliche Ansprüche gegen die Barclays Bank verjähren.

Nur diejenigen Anleger, die jetzt verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergreifen, können also ihre etwaigen Ansprüche sichern.

c.    Handlungsmöglichkeiten für eine Verjährungshemmung

Um eine Verjährungshemmung zu erreichen, kann ein Anleger entweder eine Klage erheben. Bislang haben sämtliche Rechtsschutzversicherungen eine Deckungszusage erteilt, sofern das betroffene Risiko nicht ausgeschlossen gewesen ist.
Als Alternative zu einer Klage kann ein Anleger auch das so genannte Güteverfahren einreichen, das weitaus kostengünstiger als eine Klage ist und gleichermaßen einer Verjährungshemmung dient.  So genügt es für eine Verjährungsunterbrechung, dass vor dem Ablauf des Jahres 2013 ein Antrag vor einer staatlich anerkannten Gütestelle eingereicht wird. In einem solchen Güteantrag stellt man den Sachverhalt und die Anspruchsgrundlagen dar, die Gütestelle stellt diesen Antrag der Gegenpartei zu und fragt diese, ob sie in das Güteverfahren eintreten möchte. Sofern das der Fall ist, wird ein Gütetermin stattfinden. Der Leiter des Güteverfahrens wird in diesem Gütetermin versuchen, auf einen Vergleich zwischen den Parteien hinzuwirken. Verneint die Gegenpartei die Anfrage in ein Güteverfahren einzusteigen, wird die Gütestelle das Scheitern des Güteversuchs feststellen.

Der rechtzeitige (und begründete) Antrag bei der Gütestelle (vor Ablauf des Jahres 2013) hemmt die Verjährung, diese ist dann bis auf weiteres unterbrochen. Sofern die Güteverhandlung erfolgreich verlaufen sollte, haben die Parteien ihr Anliegen geregelt. Sofern eine Güteverhandlung scheitern sollte, ist die Verjährung weitere sechs Monate ab der Mitteilung des Scheiterns der Güteverhandlung unterbrochen.
Da der Verfahrensgang eines Güteverfahrens recht lange dauert, wird – selbst wenn die Gegenseite die Beteiligung am Güteverfahren ablehnen sollte, wovon auszugehen ist – ein Scheitern der Güteverhandlung nicht vor Frühling / Sommer 2014 festgestellt werden, so dass der Anleger eine Verjährungsunterbrechung bis voraussichtlich bis Herbst / Winter 2014 (gegebenenfalls auch noch länger) durch die Einreichung eines Güteantrages erreichen könnte.

Die Kosten der Gütestelle sind im Vergleich zu den Gerichtskosten gering, die Gütestelle verlangt für die Einleitung des Güteverfahrens Kosten von circa 240,- Euro.

Die Kosten für die Beauftragung des Anwalts halten sich ebenfalls im Rahmen. Der Antrag entspricht einer 1,5 Gebühr, sofern eine Einigung geschlossen werden sollte, wird eine außergerichtliche Einigungsgebühr berechnet. Sofern die Güteverhandlung scheitern sollte, sind die Kosten der Gegenseite nicht zu tragen, jede Partei trägt ihre Kosten selbst.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

Im Jahr 2007 wurde der VenGrow Mittelstandsfonds 02 GmbH & Co. KG aufgelegt, der überwiegend von Mitarbeitern der Anlageberatungs- und Vermittlungsgesellschaft Nobella AG mit Sitz in Hamm vertrieben wurde. Als Anleger wurden meist Privatpersonen gewonnen, denen die Beteiligung an diesem Private Equity Fonds größtenteils als „kapitalgeschützte Kapitalanlage“ verkauft worden ist. Die Berater der Nobella AG empfahlen oft, die vorhandenen Kapitallebensversicherungen zu kündigen und die Rückkaufswerte in diese „sichere“ Beteiligung zu investieren.

Bereits im Jahr 2010 zeichnete sich ab, dass es um das Vermögen und die Führung des Fonds nicht besonders gut bestellt war. In einer Treugeberversammlung in Hamburg gab der Geschäftsführer Herr Andreas Bünter kund, dass „die Geschäfte nicht so gut liefen“ und die Firmen, in die investiert wurden, „pleite“ seien. Als einziger Vermögenswert seien noch Aktien an der Nobella AG vorhanden, diese sollten verkauft werden, von dem Verkaufserlös sollten die ausstehenden Schulden des Fonds bezahlt und der Fonds liquidiert werden.

Daraufhin geschah allerdings nichts, Informationen blieben aus, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Treuhänderin H.P.O. kündigte im Jahr 2012 aufgrund ausstehender Verbindlichkeiten das Mandat. Im August 2013 wurde schließlich das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Nobella AG eröffnet – wodurch der „einzige Vermögenswert“ nunmehr auch  verloren sein dürfte.

In der Vergangenheit wurden viele erfolgreiche Klagen wegen einer fehlerhaften Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Vertrieb der VenGrow Mittelstandsfonds 02 GmbH & Co. KG gegen die Nobella AG geführt, die Anleger konnten größtenteils beweisen, dass ihnen das Anlagemodell als risikolos dargestellt worden ist und sie die Beteiligungen nicht gezeichnet hätten, wenn sie von den vorhandenen Risiken gewusst hätten. Im Rahmen der Beweisaufnahmen haben sogar einige Vermittler eingeräumt, dass sie aufgrund ihrer Schulungen zu dem Fondsmodell davon ausgegangen seien, dass es sich um eine „sichere Sache“ gehandelt habe und sie die Beteiligung als entsprechende kapitalerhaltene Beteiligung empfohlen haben.

Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Nobella AG im August 2013 können betroffene Anleger nunmehr ihre Forderungen wegen einer fehlerhaften Anlageberatung zur Insolvenztabelle der Nobella AG anmelden.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 09.09.2013 wurde zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur Aufklärung des Sachverhaltes Herr Rechtsanwalt Jörn Weitzmann zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen des VenGrow Mittelstandsfonds 02 GmbH & Co. KG bestellt.

Mit Schreiben vom 08.11.2013 haben die Rechtsanwälte Kilger & Fülleborn aus Hamburg einige Anleger des VenGrow Mittelstandsfonds 02 GmbH & Co. KG angeschrieben und zur Zahlung offener Einlagen bis zum 29.11.2013 aufgefordert. Bis zum gleichen Datum können die betroffenen Anleger allerdings auch Einwendungen gegen die Forderungen vorbringen. Zu den Einwendungen zählen eine fehlerhafte Anlageberatung, Prospektfehler und weitere Gründe.

Soweit einem betroffenen Anleger Einwendungen oder Einreden (Erfüllung, Stundung, Verjährung, Schadensersatzansprüche u. ä.) gegen die Forderung bereits vor Insolvenzeröffnung zustanden, kann er diese auch weiterhin entgegenhalten.

Betroffene Anleger sollten das Schreiben der Rechtsanwälte Kilger & Fülleborn keinesfalls ignorieren, sondern – eventuell über einen versierten Rechtsanwalt - ihre Ansprüche und Einwendungen gegen die Forderung geltend machen. Hierzu stehen wir Ihnen selbstverständlich auch gern zur Verfügung.

Die ALBIS Capital & Co. KG befindet sich in Liquidation und versucht immer weiter, Gelder einzutreiben. Anleger der Beteiligungsart „Classic“, die in der Vergangenheit Ausschüttungen erhalten haben, wurden bereits aufgefordert, diese zurückzuzahlen.

Die Rechtsanwälte Dr. May & Kollegen forderten anschließend die Anleger des Beteiligungsmodells „Sprint“ auf, ihren angeblich noch bestehenden Ratenzahlungsverpflichtungen nachzukommen, die Rechtsanwälte forderten angeblich rückständige Raten ein und machten dabei auch Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden geltend. In den Schreiben der Rechtsanwälte wird mit einem Klageverfahren und weiteren Kosten gedroht. Nach diesseitiger Auffassung ist diese Zahlungsaufforderung nicht unbedingt berechtigt, es bestehen durchaus gute Chancen, sich gegen die Zahlung zur Wehr zu setzen. So sieht beispielsweise die Regelung des § 4 Nr. 10 Kommanditistenvertrages vor, dass die Rateneinlageverpflichtung unter der auflösenden Bedingung steht, dass der mit der Einlage verfolgte Gesellschaftszweck nicht mehr erreicht wird

Nun holt die ALBIS Capital AG & Co. KG zu einem weiteren Schlag aus:

Mit Schreiben vom 27.08.2013 werden die Anleger der „Classic-Plus“ Beteiligung dazu aufgefordert, die volle Summe aus der eingegangenen „Plus-Einlage“ zu zahlen. Die Rechtsanwälte Dr. May & Kollegen drohen damit, dass ein „Plus“ Anleger entsprechend seiner gezeichneten Einlageverpflichtung hafte.

Diese Drohung mit der Einlageverpflichtung ist aus diesseitiger Sicht nicht begründet. Eine Pflicht der „Plus“-Anleger, die volle „Beteiligungssumme der Wiederanlagen“ zu erbringen, besteht weder im Innenverhältnis gegenüber den anderen Gesellschaftern, noch im Außenverhältnis zu Gesellschaftsgläubigern. Es handelt sich bei dieser Beteiligungsart vielmehr um eine „bedingte Rateneinlage“, die erst und nur in der Höhe begründet wird, in der Ausschüttungen aus der Classic Einlage erfolgen. Die angedrohte Pflicht, die Einlage „Plus“ in Höhe der im Zeichnungsschein genannten Einlagesumme erfüllen zu müssen, besteht nach diesseitiger Auffassung daher nicht.

Betroffene Anleger sollten unbedingt einen spezialisierten Rechtsanwalt aufsuchen, bevor sie angeblichen Zahlungsverpflichtungen nachkommen.

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