Endet ein Dienstverhältnis, so gewährt § 630 BGB i. V. m. § 109 Gewerbeordnung (GewO) ein Recht auf Erteilung eines Zeugnisses. Dieses steht nach überwiegender Auffassung auch demjenigen zu, der aus wichtigen Gründen ein Zwischenzeugnis erhalten möchte. Dem Arbeitnehmer dürfen auf Grund des Zeugnisses keine Nachteile entstehen (vgl. § 109 II GewO). Dennoch sollte ein Zeugnis nicht ohne Prüfung angenommen, sondern auf folgende Grundsätze geachtet werden.
1. Arten von Arbeitszeugnissen
Aus § 630 BGB i. V. m. § 109 I GewO geht hervor, dass bei Arbeitszeugnissen zwischen einfachen und qualifizierten Zeugnissen differenziert wird.
2. Allgemeine Formalien
Folgende Formalien gelten für alle Zeugnisse: Sie müssen schriftlich erteilt werden. Die elektronische Form ist ausdrücklich ausgeschlossen. Wichtig ist, dass sie auf dem Geschäftspapier des jeweiligen Arbeitgebers verfasst werden und dass bei Schreibfehlern eine Korrektur verlangt werden kann. Des Weiteren müssen sämtliche Angaben, die Sie und Ihr Berufstätigkeit kennzeichnen, enthalten sein. Dazu gehören u. a. Angaben zu Person, Ein- und Austrittsdatum, Stellenbezeichnung bzw. ausgeübte Funktion, Schwerpunkte der Tätigkeit, Verantwortungsbereich, Versetzungen, Beförderungen, Vertretungsbefugnisse, Angaben zur Firma etc.
3. Bestandteile eines einfachen Arbeitszeugnisses
Im einfachen Arbeitszeugnis müssen lediglich die o. g. Angaben enthalten sein. Weitergehende Anforderungen stellen sich hier nicht.
4. Bestandteile eines qualifizierten Arbeitszeugnisses
Beim qualifizierten Arbeitszeugnis sind im Vergleich zum einfachen höhere Anforderungen zu erfüllen. Es zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass es Ihre Vorzüge hervorhebt, wie z. B. besonders herausragende Leistungen, Stärken in Bezug auf die Ausübung Ihrer Tätigkeit, persönliche Merkmale usw.
Enthalten muss ein qualifiziertes Arbeitszeugnis des Weiteren wichtige Schlüsselqualifikationen und Kernkompetenzen sowie eine zukunftsweisende Abschiedsformel mit Wünschen für eine berufliche und private Zukunft.
5. Was nicht in Arbeitszeugnissen stehen darf bzw. sollte
In Arbeitszeugnissen dürfen einige Auskünfte nicht enthalten sein, wie z. B. negative Beobachtungen und Bemerkungen, Angaben über das Gehalt, Kündigungsgründe, Vorstrafen, Abmahnungen, Krankheiten, Fehlzeiten, Leistungsabfall, Alkoholabhängigkeit, Behinderungen, Betriebsratstätigkeit, Gewerkschaftsengagement, Parteizugehörigkeit, religiöses Engagement etc.
6. Achtung bei der "Zeugnissprache"
Nach § 109 II GewO muss das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Dies wird allerdings in der Praxis nicht immer eingehalten. So wird sehr oft eine "Zeugnissprache" verwendet, die aus auf den ersten Blick positiv erscheinenden Bewertungen negative Aussagen über den Betroffenen werden lassen. Je nach Formulierung und Wortwahl kann sich ein "erfahrener" Arbeitgeber ein Bild über die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers machen. Dies soll hier beispielhaft anhand des Schulnoten-Systems dargestellt werden:
Note 1: Er (Sie) hat die ihm (ihr) übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt.
Note 2: Er (Sie) hat die ihm (ihr) übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.
Note 3: Er (Sie) hat die ihm (ihr) übertragenen Aufgaben stets zu unserer Zufriedenheit erledigt.
Note 4: Er (Sie) hat die ihm (ihr) übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt.
Note 5: Er (Sie) hat die ihm (ihr) übertragenen Aufgaben im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt.
Note 6: Er (Sie) bemühte sich, die ihm (ihr) übertragenen Aufgaben zufriedenstellend zu erledigen.
Der Satz „Er war gesellig“ gibt dem erfahrenen Leser eines Zeugnisses deutlich zu verstehen, dass der Arbeitnehmer ein Problem mit dem Alkohol hatte.
7. Gerichtliche Geltendmachung
Auf die Erteilung des Zeugnisses kann der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht klagen. Er kann auch auf die Korrektur eines schon erteilten Zeugnisses klagen. Hat ein Arbeitgeber allerdings zu Unrecht ein positives Zeugnis erstellt, obwohl dieses nicht den Tatsachen entspricht, können sich für den späteren Arbeitgeber hieraus Schadensersatzansprüche ergeben. Eine Haftung kommt hier wegen sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB in Frage.
Sollten Sie ein Arbeitszeugnis erhalten haben, raten wir Ihnen dringend, dieses von einer fachkundigen Person überprüfen zu lassen.